Wo, wann und weshalb sollte Hund einen Maulkorb tragen?
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Maulkörbe haben eine schlechte Reputation. Sie werden als Indiz für Bösartigkeit des Hundes und für Versagen des Menschen bewertet. Viele Hundehalter ziehen sie deswegen als Hilfsmittel erst in Betracht, wenn ein Hund bereits gebissen hat.
Das sollten wir ändern, es gibt gute Gründe dafür!
1. Wir wissen nie, in welche Situationen wir mit unseren Hunden noch geraten werden. Das gilt unter anderem auch für die Entwicklung der Gesetzeslage.
2. Ein Hund verändert sich so wie sich alles verändert. Sogar eine Hundefigur aus Stein verändert sich im Laufe der Zeit. Und so wie an der Steinfigur der Zahn der Zeit nagt, so nagt das Leben am Nervenkostüm eines jeden Hundes. Krankheiten, besondere Anforderungen und Lebensumstände tragen zu dieser unvermeidlichen Last noch bei.
Je dünner das Nervenkostüm wird, desto wahrscheinlicher werden Angst- und Aggressionsverhalten!
3. Die Entwicklung aggressiven Verhaltens führt mehr oder weniger schnell zu Beiss-Vorfällen.
Aber alleine die Vorstellung, dass der Hund beissen könnte, verunsichert jeden verantwortungsbewussten Hundehalter. Diese Verunsicherung ist ein Hemmschuh für zielführendes Training. Meine Kundinnen arbeiten optimal am Aggressionsverhalten ihrer Hunde, wenn das Schlimmste nicht auftreten kann: Beissen.
Auch wenn der Hund noch nie gebissen hat. In diesen Fällen trägt ein Maulkorb zur Lebensqualität des Hundes bei. Je sicherer die Bezugsperson sich fühlt, desto mehr unternimmt sie wieder mit dem Hund: Abwechslungsreichere Spaziergänge, Kontakt zu Hunden, anderen Tieren und Menschen. In diesem Zusammenhang denke ich besonders an Hunde, die gut mit anderen Hunden zurechtkommen und auch Interesse an freundlichem Kontakt zu Artgenossen haben. Aber, sobald Geschwindigkeit ins Spiel kommt, klappen ihre Kiefer auf – und am anderen Hund wieder zu.
Nicht immer ist Aggression im sozialen Kontext eine Ursache!
Häufig handelt es sich um eine Folge von Geschwindigkeit, Erregung und Ermüdung der Fähigkeit zur Impulskontrolle. Es wäre schade, wenn betroffene Hunde deswegen von Artgenossen ferngehalten werden würden. Ein Maulkorb ist in diesen Fällen der Schlüssel zu Freiraum und befriedigenden sozialen Kontakten.
Körperpflege und medizinische Versorgung sind für Hunde oft unangenehm und beängstigend, vor allem wenn fremde Menschen beteiligt sind. Aber auch die „Goldstück-Hunde“, die alles mitmachen und über sich ergehen lassen, können sich eines Tages zur Wehr setzen.
Linux ist ein Beispiel dafür. Viele Jahre war er das Top-Model bei unserer Tierärztin, weil er sich so gerne anfassen und behandeln liess. Doch dann folgten chronische Probleme mit den Analdrüsen und ein hartnäckiges Blutohr. Nahezu tägliche Besuche in der Tierarztpraxis mit entsprechenden Behandlungen summierten die Belastung für Linux zu einer Zeit, in der sein Körper bereits gestresst war.
Linux´ Verhalten veränderte sich extrem: Es war nicht mehr sicher, ihn ungeschützt zu behandeln. Linux muss seit dieser Zeit bei Behandlungen Maulkorb tragen. Das ist eine individuelle Geschichte, die sich bei jedem Hund wiederholen kann. Wie gut, wenn der Hund dann den Maulkorb bereits kennt, sich normal damit bewegen kann und gute Dinge erwartet.
Viele Hundehalter fühlen sich unbehaglich bei dem Gedanken an einen Maulkorb für ihren Hund. Sie haben Angst, dass ihr Hund durch einen Maulkorb benachteiligt ist: „Wenn mein Hund attackiert wird, kann er sich nicht mehr wehren!“. Das ist der Gedanke der Fairness, aber Hundekämpfe sind nicht fair. Raufende Hunde sind leichter zu trennen, wenn die Hunde sich nicht ineinander verbissen haben. Kämpfe eskalieren durch Bisse! Kann ein Hund nicht beissen, eskaliert der Kampf nicht oder nicht so schnell.
Auch die Sorge um die soziale Akzeptanz durch andere Menschen beschäftigt den Hundehalter. Er fürchtet sich vor Fragen, Anfeindungen und Isolation. „Warum hat der Hund einen Maulkorb an?“ Auf diese häufige Frage gibt es eine ehrliche und dabei positive Antwort: „Mein Hund trägt Maulkorb, weil die Welt um ihn herum unberechenbar ist!“
Der Maulkorb ein echtes Hilfsmittel mit Funktion
Maulkörbe verhindern Verhalten: Sie schränken die Bewegungsfreiheit von Kiefern und Zunge ein. Maulkörbe verhindern je nach Bauart Nahrungsaufnahme und Beißen, aber nicht Jagen und Attackieren.
Daraus ergibt sich:
• Maulkörbe verhindern nur spezifisches Verhalten direkt am Auslöser.
• Maulkörbe wirken frustrierend, weil sie Endhandlungen verhindern.
• Maulkörbe wirken als mechanische Verhaltensunterbrecher.
Maulkörbe führen keinesfalls zum Verlernen des verhinderten Verhaltens!
Prophylaktisches Training ist immer eine gute Idee, aber Integration und Funktion eines Maulkorbes innerhalb des Trainingsplans solltest Du gut bedenken. Was erwartest Du vom Maulkorb? Wie weit ist das aggressives Verhalten Deines Hundes bereits bearbeitet und verändert? Arbeitest Du z.B. an der sogenannten Leinenaggression? Es macht wenig Sinn, ausschließlich Beissen verhindern zu wollen. Jedes unerwünschtes Verhalten, das vor dem Beissen kommt, muss ebenso verhindert oder wenigstens unterbrochen werden, damit der Hund neues Verhalten lernen kann.
Ein Maulkorb unterbricht nicht die Attacke, nur das Beissen!
Kleine Bemerkung am Rande: Knurren gehört selbstverständlich nicht zu den unerwünschten Verhaltensreaktionen! Verhaltensunterbrecher müssen immer mit der Möglichkeit für Alternativverhalten kombiniert sein. Zur Arbeit mit dem Maulkorb ist das Lehren von Alternativverhalten untrennbar verbunden.
Der Maulkorb ersetzt keinesfalls das Lernen neuer befriedigender Verhaltensreaktionen.
Lernen mit Maulkorb
Lernen mit Maulkorb ist vielschichtig und besteht deswegen aus mehreren Teilschritten. Gute Lernsituationen zeichnen sich durch kleine Schritte aus, die vom Lernenden ohne Schwierigkeiten und ohne Frustration bewältigt werden können. Deswegen unterscheide ich zwischen Anziehen und Normalverhalten mit Maulkorb. Es genügt nicht, dass der Hund den Maulkorb akzeptiert und toleriert.
Er soll mit Maulkorb Spaß haben und sich normal verhalten können.
Natürlich kannst Du ohne jede Vorbereitung schnell den Maulkorb über den Fang des Hundes stülpen. Aber auch wenn es machbar ist, ungeschickt ist diese Hauruck-Methode allemal. Hilfsmittel, die vermeintlich neutral oder aversiv verknüpft sind, tragen bei ihrer Anwendung im besten Fall nichts, meistens aber negative Emotionen in die Situation.
Das bedeutet: Die Situation wird durch das Gehirn noch negativer bewertet. Damit trägt Maulkorb trägt als Stressor zu Bewertung und nachfolgendem Verhalten des Hundes bei und beeinflusst den Lernerfolg.
Wann wird ein Maulkorb richtig angepasst?
Für Lernen mit dem Maulkorb muss er nicht richtig passen. Der Maulkorb sollte nicht zu klein sein, etwas zu groß ist nicht schlimm und in vielen Fällen sogar einfacher für den Hund.
Viele Hundehalter praktizieren diese Reihenfolge:
» Anprobieren » Auswählen » Trainieren
Dabei beginnt Lernen schon mit den Anproben. Für robuste Hunde ist das sicher nicht so gravierend. Sensiblere Hunde aber entwickeln bereits bei den Anproben und dem noch ungeschickten Handling der Menschen eine Aversion gegen den Maulkorb. Was für ein schlechter Start in das Training!
Wähle bitte diese Reihenfolge:
1. Nimm die Maße des Hundekopfes mit einem Maßband nicht in einem Rutsch, sondern in kleinen Schritten. Dies ist wichtig, wenn Dein Hund am Kopf berührungsempfindlich ist.
2. Wähle nach diesen Maßen den bestmöglichen Maulkorb aus.
3. Beginne das Training mit diesem Maulkorb. Stülpe ihn nicht einfach über, um zu sehen, ob er passt. Folge dem Trainingsplan bis zu dem Punkt, an dem der Halsriemen des Maulkorbs geschlossen werden kann. Verteilst Du 4 oder 5 kurze Trainingseinheiten über den Tag, hast Du dieses Ziel auch bei einem sensiblen Hund nach 3 Tagen erreicht. Du gehst ein winziges Risiko ein, dass der Maulkorb Gebrauchsspuren zeigt und nicht mehr zurückgegeben werden kann.
4. Nun kannst Du nach der Passform schauen, Fotos machen und nach Verbesserungen suchen.
Der Lehrplan
Noch vor dem Anziehen: Emotionen verknüpfen
Wie bei allen Hilfsmitteln wird der Hund auch mit dem Maulkorb als Gegenstand vertraut gemacht. Zwei Techniken stehen uns für dieses Ziel zur Verfügung:
- Desensibilisierung
- Aufbau einer konditionierten emotionalen Reaktion
- (Gegenkonditionierung bei Hunden, die sich bereits beim Anblick des Maulkorbes fürchten.)
Der Aufbau einer konditionierten emotionalen Reaktion führt zu einer stabilen Verknüpfung zwischen Maulkorb, Ereignissen und einer unwillkürlichen emotionalen Reaktion. Der Maulkorb sagt zuverlässig attraktive Ereignisse vorher! Der Maulkorb löst über diese Verbindung emotional positive Erwartung aus. Desensibilisierung dagegen führt dazu, dass dem Hund der Maulkorb egal ist. Er bedeutet nichts. Nichts Gutes, nichts Schlechtes.
Muss man wirklich lange nach- denken, welche Technik bevorzugt werden sollte?
Der Aufbau einer konditionierten emotionalen Reaktion führt zur freiwilligen Annäherung des Hundes an den Maulkorb mit einer positiven Erwartungshaltung. Das ist die Basis für weiteres Lernen.
Der Hund kann dabei aktiv sein!
Aufbau einer konditionierten emotionalen Reaktion
Vorbereitung: Lege verschiedene Futtersorten bereit und achte darauf, dass auch besonders hochwertige Stückchen darunter sind. Verstaue das Futter so, dass es für den Hund nicht offensichtlich ist. Du startest die folgenden Schritte erst, wenn Dein Hund in Deiner Nähe ist und dich beobachtet.
Zuerst legst Du den Maulkorb auf den Boden.
Danach streust Du das Futter um und über den Maulkorb.
Dein Hund geht hin und frisst das Futter.
Wiederhole diesen Ablauf nicht mehr als dreimal hintereinander, denn klassische Konditionierung wirkt nicht durch viele Wiederholungen in Reihe, sondern durch Überraschung.
Nach einer Pause kannst Du die Verknüpfung an einem anderen Ort wiederholen:
Lege den Maulkorb auf den Boden -> Streue das Futter über den Maulkorb -> Dein Hund frisst das Futter.
Verknüpfungen mit Aktivität
Der Maulkorb wird von Anfang an nicht nur mit Nahrungsaufnahme, sondern auch mit Aktivitäten wie Suchen, Spielen und Spazierengehen verknüpft. Dafür packst Du den Maulkorb für den Hund unsichtbar in Deine Tasche. Er wird erst hervorgeholt, gezeigt oder auf den Boden gelegt, wenn ein attraktives Ereignis bevorsteht; solche Ereignisse fallen meist in die Kategorie „Beschäftigung“: Spielen mit Mensch und Artgenossen; Suchaufgaben; Aufbruch zum Spaziergang, Türen öffnen sich. Alle Lerneinheiten, die attraktiv für den Hund sind. Der Aufbau einer konditionierten emotionalen Reaktion ist das Fundament für die weiteren Schritte.
Übereile nichts!
Diese Stufe darfst Du erst verlassen, wenn Dein Hund beim Anblick des Maulkorbes deutliche positive emotionale Reaktionen zeigt:
- Dein Hund nähert sich dem Maulkorb.
- Er stupst ihn an oder nimmt ihn sogar auf.
- Dein Hund schaut Dich an und erwartet Interaktion.
- Dein Hund kommt in Bewegung. Diese Bewegungen sind weich und deutlich auf den Maulkorb und Dich gerichtet.
Ziel: Der Anblick des Maulkorbes erregt das Interesse Deines Hundes. Er zeigt dasselbe Verhalten wie sonst auch bei Erwartung attraktiver Ereignisse.
Anziehen
Der Maulkorb besteht aus zwei Teilen: Korb und Halsriemen. Beide Teile erfordern verschiedene Verhaltensreaktionen des Hundes. Er kann seinen Fang ak- tiv in den Korb stecken. Wenn Du den Halsriemen schliesst, bleibt der Hund ruhig stehen.
Der Korb
Ich betrachte den Korb als Target. Erwünschtes Targetverhalten ist, dass der Hund seinen Fang in den Korb steckt und für einige Sekunden so verharrt. Dieses Verhalten ermöglicht es, den Halsriemen zu schliessen. Beim Target-Training ist der Hund aktiv. Dies gibt dem Tier die Möglichkeit der Kontrolle darüber, was mit ihm passiert.
Für ein Tier mit emotionalen Belastungen ist die Gelegenheit zur Kontrolle von unschätzbaren Wert.
Auch bei diesem Schritt ist es wichtig, dass Du nicht nur mit extrem hochwertigen Futter arbeitest, sondern mit einer Mischung. Hochwertiges Futter führt zu schnellen Verknüpfungen. Aber alles, was gut wirkt, hat natürlich auch Nebenwirkungen:
- Der Hund entwickelt eine Erwartungshaltung
Enttäuschte Erwartung aktiviert Frustration. Das Verhalten von Mensch und Hund verliert Flexibilität: Der Hund konzentriert sich auf Nahrungsaufnahme, der Mensch sorgt für die entsprechend hochwertige Nahrung. - Extrem hochwertiges Futter kann zu Konflikten führen.
Der Hund möchte seinen Fang nicht in den Maulkorb stecken, aber das hochwertige Futter verlockt ihn dazu. Hochwertiges Futter macht es dem Hund schwer, „Nein“ zu sagen. Dabei ist aber sein „Ja“ mit Konflikt ambivalent belastet. - Die Verbindung mit extrem hochwertigem Futter kann den Maulkorb zur Ressource machen.
Damit wird der Maulkorb zum Risikofaktor vor allem bei bei Hundebegegnungen.
Stecke den Maulkorb so in den Behälter, dass der Hund ohne Schwierigkeiten seinen Kopf in den Maulkorb stecken kann. Dein Hund darf jetzt fressen. Er sammelt nebenbei Erfahrungen, wie er durch den Maulkorb an Futter gelangt.
Dieser Schritt ist ebenso einfach wie der Aufbau der konditionierten emotionalen Reaktion. Und er ist ebenso wichtig.
- Der Maulkorb wird zum Signal für ein Angebot, über das der Hund alleine entscheiden darf.
Steckt er seinen Kopf hinein, findet er Futter. Steckt er ihn nicht hinein – passiert nichts. Der Hund darf also „Nein“ signalisieren. - Der Maulkorb wird so platziert, dass Du beide Hände frei hast.
Du kannst also locker die Enden der Halsriemen fassen, um den Hals des Hundes führen und am Nacken verschliessen. - Der Hund lernt durch Versuch und Irrtum, wie er durch den Maulkorb Futter aufnehmen kann.
Dieses Lernen ist bis zu einem gewissen Grad anregend und baut Frustrationstoleranz auf. Achte aber bitte darauf, ob Dein Hund wirklich ausreichend Erfolg hat und gut an das Futter kommt! - Im weiteren Verlauf des Lernens kannst Du den Behälter weglassen.
Die Position des Maulkorbes zwischen Deinen Beinen oder neben Dir wird für den Hund zum alleinigen Signal für das Targetverhalten.
Fummeltraining – die Halsriemen
Dein Hund ist jetzt vertraut mit dem Maulkorb im Behälter, nähert sich zügig, steckt seinen Kopf in den Korb und beginnt zu fressen. Jetzt kannst Du mit dem „Fummeltraining“ beginnen.
- Bewege Deine Hände neben Kopf und Hals des Hundes, ohne ihn zu berühren.
- Bewege Deine Hände um den Hals des Hundes so als ob Du die Halsriemen schliessen wolltest.
- Fasse ein Ende des Halsrie- mens und bewege es über den Hals des Hundes hin und her.
- Lege ein Ende des Halsriemens über den Nacken des Hundes.
- Wiederhole diese Schritte mit der anderen Hand und dem anderen Ende des Halsriemens.
- Wiederhole die Schritte mit beiden Händen und bringe die Enden des Halsriemens zusammen.
- Schließe und öffne den Halsriemen mehrfach hintereinander.
- Schließe den Halsriemen und warte, bis der Hund fertig gefressen hat.
Nimm dann den Maulkorb ab, entferne den Behälter und beende sie Lerneinheit.
Ich weiß, das liest sich schrecklich langwierig. Die Handlungen aber sind in ein paar Minuten ausgeführt. Nimm Dir diese Zeit, damit Dein Hund die Fummelei an den Sei- ten von Kopf und Hals als nicht bedrohlich und wenig störend kennenlernen kann.
Aktivitätstraining
Du hast mit den bisherigen Schritten eine solide Grundlage gelegt. Der Maulkorb bedeutet Deinem Hund nicht nur die Ver- fügbarkeit guter Dinge, sondern gibt ihm auch die Freiheit „Nein“ zusagen.
Beschäftigen wir uns jetzt also mit dem „Nein“.
Was kannst Du tun, wenn Dein Hund seinen Fang nicht in den Maulkorb steckt? Bitte, locke ihn nicht und gib auch keine Kommandos. Beende einfach die Lerneinheit, damit Du in Ruhe nachdenken kannst.
- Überprüfe die Situation auf Ablenkungen.
- Wie geht es Deinem Hund?
Hat er vielleicht Magen- Darm-Probleme und mag deswegen nicht fressen?
Ist er wegen etwas anderem gestresst und kann nicht fressen? - Hatte Dein Hund bei der letzten Lerneinheit Meide- verhalten gezeigt, besonders beim „Fummeln“?
- Hatte Dein Hund während der letzten Lerneinheit Mühe beim Aufsammeln des Futter durch den Maulkorb?
- Kannst Du Stress und Krankheit ausschließen?
Dann ist eine neue Lerneinheit sinnvoll:
- Sorge für wenig Ablenkung.
- Platziere Futter im Behälter, das Dein Hund leicht aufneh- men kann.
- Verzichte auf „Fummeln“, wenn Dein Hund das Angebot angenommen hat.
1. Du möchtest den Maulkorb eigentlich „nur“ für Pflege und medizinische Versorgung einsetzen? Dann solltest Du dennoch an Aktivitäten mit Maulkorb arbeiten. Diese Lerneinheiten fokussieren nicht auf ein spezifisches Endverhalten, sondern zielen einzig auf das Wohlbefinden des Hundes mit Maulkorb.
2. Integriere Verhalten, das später in schwierigen Situationen ausgelöst werden soll, in die Lerneinheiten: Auf die Target- Decke für Pflege und medizinische Versorgung gehen und dort bleiben. Auf den Tisch springen, klettern. Oder auf den Tisch gehoben werden. Umorientierungssignal, Rückruf, Entspannung und Entspannungssignale
3. Baue „Einparken“ auf: Dein Hund kommt auf Signal von hinten zwischen Deine Füße. Dies ist eine sehr gute Ausgangspo- sition! Du kannst den Maulkorb an den Enden des Halsriemens halten, während Dein Hund in den Korb schlüpft. Dieses Startritual ist immer dann sinnvoll, wenn der Maulkorb schnell angezogen werden muss.
Trage die bewältigten Lerninhalte in verschiedene Situationen.
Die meisten Hunde bewegen sich mit Maulkorb zuerst sehr gehemmt. Dies ist das äußere Symptom für einen negativen inneren Zustand. Dieser Zustand kann durch Lernen verändert werden.
Kann? Muss!
Ein Hund, der sich mit Maulkorb nicht wohl fühlt, kann nicht profitieren und der Lernprozess wird dadurch negativ beeinflusst.
Was Du sehen möchtest: Dein Hund freut sich, wenn er den Maulkorb sieht.
Freude zeigt sich schon in der Art der Annäherung an den Maulkorb: Weicher Körper; Kurvige Bewegungen; Dein Hund erstarrt nicht, wenn Du das Halsband des Maulkorbes schliesst.
Nach dem Anziehen zeigt Dein Hund die Erwartung, dass Du etwas Gutes mit ihm machst:
• Blickkontakt zu Dir
• die Ohren aufgestellt, evt. nach vorne gerichtet.
• Kurvige Bewegungen
• Fliessende Bewegungen
• Schnelligkeit
• Kopfbewegungen zu den Seiten, nach unten und nach oben
• Große Ähnlichkeit zu Verhalten ohne Maulkorb
Spielen als besondere Aktivität
Der Maulkorb schränkt Bewegungen des Kiefers ein und erschwert / verhindert, dass der Hund Objekte fassen kann. Dennoch ist es mit ein wenig Übung möglich, Spiel in das Lernen mit Maulkorb zu integrieren.
1. Passende Spielobjekte haben Anhängsel, die durch den Maulkorb passen. Bälle an der Schnur, Futtermäppchen mit Schnur, Plüschtiere, dünne geflochtene Zergel aus Fleece und ähnliches sind eine gute Wahl.
2. Mache Deinen Hund mit den Spielobjekten vertraut, vor allem wenn sie nicht seinen eigentlichen Lieblingsobjekten entsprechen. Sobald er mit den neuen Objekten agieren kann, kannst Du zum nächsten Schritt gehen.
3. Dein Hund hat mit dem üblichen Ritual den Maulkorb angezogen und Du hast ihn verschlossen. Schiebe die Schnur oder den Fortsatz eines Spielobjektes durch den Maulkorb.
Gutes Maulkorb-Training führt zu sehenswerten Resultaten. Der Hund bewegt sich ungehemmt, kann Belohnungen nehmen und locker auf Signale seiner Bezugsperson reagieren.
Wie alle Hilfsmittel, die Sicherheit geben, verändert auch ein Maulkorb das Verhalten der Bezugsperson. Oft hat die neu ge- wonnene Sicherheit positive Auswirkungen, von denen der Hund profitiert.
So schön Leben und Lernen mit Maulkorb sein können, wir dürfen den Hund nicht überfordern. Manche Menschen vergessen, dass ihre Sicherheit den Hund wieder näher an Auslöser unerwünschten Verhaltens bringt. Der Hund muss mit ihnen zurechtkommen, neues Verhalten lernen und anwenden. Das ist anstrengend. Deswegen sind Lernen an Auslösern und nachfolgende Ruhetage ein erfolgreiches Gespann.
Das „MacK Beispiel“
Mack war ein Hund mit schwerwiegender, z.T. schmerzbedingter Beißgeschichte.
Ein Maulkorb schützt nur nach dem Anziehen. Zum Anziehen aber müssen die Hände nahe an den Hund heran; das ist je nach Verfassung des Hundes kritisch. Deswegen ist es eine gute Idee, den Hund zu fragen, ob er das möchte.„Nein“ signalisieren wird überbewertet?
Ein „Nein“ ist besser als ein Biss, oder?MacK hat zwei Dinge gelernt:
1.) Ohne Maulkorb geht es nicht zum Spaziergang.
2.) Der Maulkorb wird nur angezogen, wenn er ihn sucht und bringt.An manchen Tagen hat Mack den Maulkorb nicht gebracht. Das ist ein klares „Nein“ zum Spaziergang!
An diesen Tagen beschäftigten wir den Hund in Haus und Garten.
zur Person
Dr. rer. nat. Dipl. Ute Blaschke- Berthold ist Biologin, Trainerin und Verhaltenstherapeutin, Inhaberin der CumCane® Hundeschule.
Ständige Weiterbildungen sorgen für Impulse, Reflexion und Verfeinerungen. Leben ist Lernen, und besonders wichtig ist der Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Praxis.
Ein weiterer Schwerpunkt sind Ausbildung und Weiterbildung von TrainerInnen für den Anbieter cumcane familiari in der Schweiz. Zudem erstellt Ute Blaschke-Berthold als Fachautorin Lehrmaterial für verschiedene Bildungseinrichtungen und schreibt für Fachzeitschriften. Dr. Ute Blaschke-Berthold lebt mit Partner und drei Hunden.
Homepage www.CumCane.de
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Webinar Tipp: Die 1 Minute Maulkorb Challenge
Artikel als ePaper im Download
Interview zum Thema Maulkorb (folgt)