Das ist doch krank!

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„umdenken-tierzuliebe“

Berlin, 6. November 2019 – Mit ihrem aktuellen Kampagnenslogan „Das ist doch krank!“ möchte die Berliner Tierärztekammer den Trend zum unbedachten Tierkauf stoppen und potenzielle Käufer sensibilisieren. Seit dem 1. November sind in Berlin auf Bussen, in U-Bahnen und in Plakatvitrinen in U-Bahnhöfen Plakate gegen Qualzucht veröffentlicht, auf denen Tierärztinnen und Tierärzte Stellung beziehen. „Der Hang zum Besonderen darf nicht auf die Kosten der Tiergesundheit gehen“, mahnt die Präsidentin der Tierärztekammer Berlin, Dr. Heidemarie Ratsch. Auch solle jede Nutzung von Defektzuchten in der Öffentlichkeit durch Werbung oder in Filmen unterlassen werden, um den Erwerb solcher Tiere nicht zusätzlich anzureizen.

Neben Dr. Ratsch referierten bei der gestrigen Pressekonferenz zur Plakatkampagne noch vier weitere Experten zum Thema. Dr. Uwe Tiedemann, Präsident der Bundestierärztekammer (BTK), berichtet über die wichtige Aufklärungsarbeit der BTK-Arbeitsgruppe „Qualzuchten“, der auch vier weitere große veterinärmedizinische Verbände angehören. Aktuell wurde ein neuer Flyer erstellt, um zukünftige Tierhalter über verschiedene Qualzuchtmerkmale bei Katzen zu informieren.

Hunde kurzköpfiger Rassen z.B. Mops, Französische Bulldogge, Englische Bulldogge, Chihuahua, Pekinese, Shi Tsu leiden durch ihre rassebedingten Zuchtziele    häufig an ernsten gesundheitlichen Problemen:

Luft-/Atemnot durch einen verengten Rachen und enge Nasengänge, zu kleine Nasenhöhlen, zu große Zunge für die verkürzte Schnauze oder durch Zusammenklappen des Kehlkopfes

der Wärmehaushalt kann nicht mehr über die Atmung (Hecheln) reguliert werden. Bei Anstrengung oder Sommerhitze kann dies zum Kreislaufzusammenbruch und Tode durch Überhitzen führen

übermäßig viele Falten an Kopf und Körper, die sich häufig entzünden
hervorstehende Augäpfel mit hoher Verletzungsgefahr und häufig schlecht heilenden Wunden

tränende und entzündete Augen durch zu enge Tränenkanäle

keilförmige Missbildungen an Wirbeln, die das Rückenmark einquetschen und damit Schmerzen und Lähmungen bewirken

Schwierigkeiten beim Fressen durch deformierte und verkürzte Kieferknochen und schiefe Zähne

bedingt durch den großen runden Kopf der Feten, eine erhöhte Neigung zu Schwergeburten

Brachyzephale Hündinnen sind häufig nicht in der Lage, ihre neugeborenen Welpen aus der Eihaut zu befreien und abzunabeln.

 

Prof. Dr. Achim Gruber, Tierpathologe der FU Berlin, stellte auch bei Katzen zahlreiche, aktuell leider sehr populäre Defektzuchtvarianten vor, die unbedacht durch Zucht auf vermeintliche Schönheit, Niedlichkeit oder Extravaganz entstehen. Daraus resultiert bedauerlicherweise „ein weites Spektrum von Gesundheitsstörungen, Ausfall von Sinnesleistungen (etwa Taubheit) oder ein Verlust der Möglichkeit zu artgerechtem Verhalten“. Spätestens auf dem Seziertisch würden sich dann die zuchtbedingten Schmerzen, Leiden, Schäden oder ein Verlust der Artgerechtigkeit offenbaren.

Die Landestierschutzbeauftragte des Landes Berlin, Diana Plange, weist darauf hin, dass „die so genannten brachycephalen Rassen zur überwiegenden Zahl nicht im VDH gezüchtet und zusätzlich in Massen aus dem Ausland importiert werden“. Neben der Aufklärung kaufwilliger Welpeninteressenten, müsse auch der Import bzw. das Verbringen solcher Hunde untersagt, ein striktes Ausstellungsverbot etabliert und die Zucht streng reguliert werden, fordert Plange.

Fachtierarzt für Reproduktionsmedizin, PD Dr. Sebastian Arlt, sagt, dass vor einer Zucht reproduktionsmedizinisch untersucht werden sollte, „ob die Geschlechtsorgane normgerecht ausgebildet sind, das knöcherne Becken des weiblichen Tieres eine natürliche Geburt zulässt und ob das Gebiss einer Hündin oder Katze geeignet ist, Fruchthüllen zu öffnen oder Nabelschnüre durchzubeißen. Da ein Großteil der Hunde und Katzen nicht von professionellen Züchtern gezüchtet wird, sollten Tierhalter generell über rassespezifische Gesundheitsrisiken und mögliche Erbmängel aufgeklärt werden. Denn Qualzucht ist nicht niedlich! Kaufen Sie solche Tiere nicht, werden sie auch nicht mehr gezüchtet.

Weiterführender Link:
https://www.tieraerztekammer-berlin.de/qualzucht

Quellenangabe:
Artikel: Bundestierärztekammer
Bild:
Plakat: BTK
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