Der hektische und stressige Lebensstil vieler Menschen überträgt sich nicht selten auch auf Hunde und Katzen. Darüber hinaus haben Tiere ihre eigenen und speziellen Angst- und Stresserlebnisse, die von den Menschen oft gar nicht wahrgenommen werden. Wenn Hunde und Katzen unter bestimmten Situationen leiden, zeigen sie das zumeist an einem – oftmals drastisch – veränderten Verhalten. Und schließlich können sich aus fortgesetzten Verhaltensstörungen Organerkrankungen entwickeln.
Zuerst zum Tierarzt
Verhaltensstörungen sind beim Hund keine Seltenheit. Bei Verhaltensauffälligkeiten sollte der Hund zunächst dem Tierarzt vorgestellt werden, um körperliche Erkrankungen auszuschließen. Ist der Hund organisch gesund, stellt sich die Frage, warum sein Verhalten von der Norm abweicht.
Der häufigste Ursache bei Hunden sind Angststörungen. Sie gehen über das normale, natürliche Furchtverhalten hinaus und werden oftmals durch Veränderungen der Lebenssituation hervorgerufen. Untersuchungen haben gezeigt, dass man zwei Hundetypen voneinander unterscheiden kann. Die „Optimisten“ akzeptieren neue Lebensumstände problemlos, die „Pessimisten“ dagegen werden mit einschneidenden Ereignissen weniger gut fertig und reagieren mit Angstzuständen.
Diese verursachen häufig Appetitlosigkeit, Schlafstörungen, exzessives Putzverhalten, Hecheln, Speicheln, erweiterte Pupillen sowie gesteigerte oder auch herabgesetzte Interaktion mit Menschen oder anderen Tieren.
Behutsam mit Trennungsangst umgehen
Für das Rudeltier „Hund“ ist die Angst vorm Alleinsein von besonderer Bedeutung. Nicht umsonst ist die Trennungsangst die am weitesten verbreitete Form der Angststörung. Der Hundehalter hat es im Griff, diese Angst erst gar nicht aufkommen zu lassen oder mit einem Trainingsprogramm dagegen anzugehen. Grundsätzlich gilt: Hunde, die ausreichenden Auslauf haben oder gut beschäftigt werden, nutzen Phasen des Alleinseins häufig, um zu ruhen und schlafen die Trennung quasi weg. Natürlich gilt auch, dass die Zeiträume, die man einen Hund alleine lässt, begrenzt sein müssen. Dem Hund sollte ein interessantes Spielzeug zur Verfügung stehen, damit er sich nicht über Schuhe, Kissen oder andere Einrichtungsgegenstände hermacht. Trennungsängste lassen sich nur mit sehr viel Geduld und durch ein langsames Gewöhnen an zunächst sehr kurze, später etwas längere Phasen des Alleinseins beheben. In schweren Fällen kann der Tierarzt Medikamente verschreiben, die die Therapie unterstützen. Auch geeignete Duftstoffe oder Ergänzungsfuttermittel können angstlösend wirken.
Hunde mögen leise Töne
Die übertriebene Angst vor Geräuschen, die eigentlich keine Gefahr darstellen, lässt sich ebenfalls therapeutisch behandeln. Experten empfehlen Desensibilisierungstherapien, mit denen Hunde langsam an Geräusche gewöhnt werden. Dieses Vorgehen ist immer verbunden mit hohem Zeitaufwand, viel Lob und Belohnung des Hundes durch Leckerlis.
Gefahr für die Umgebung
Aggressive Verhaltensstörungen machen das Zusammenleben schwer. Wenn ein Hund seine Aggressionen gegen jeden und jedes richtet, kann er zur Gefahr für seine Umgebung werden. Hier besteht sofortiger Handlungsbedarf. Es nutzt nichts, gegen die Aggressionen mit strengen Strafen anzugehen. Zunächst sollte der Tierarzt Ursachenforschung betreiben, denn es gibt Aggressionen, die durch Schmerzen hervorgerufen werden. Diese müssen medikamentös behandelt werden. Aggressionen können auch entstehen, wenn die Machtverhältnisse im Rudel „Familie“ nicht stimmen. Dann helfen nur Erziehungsmaßnahmen, die klarstellen, wer im Rudel der Alpha ist. Und der sollte immer der Mensch sein. Auch Angst kann in Aggression umschlagen. All diese Ängste lassen sich am besten durch entsprechende Erziehungsmaßnahmen und viel Beschäftigung mit dem Hund beheben.
Zwanghaftes Verhalten
Es gibt Hunde, die scheinbar ohne Sinn Dinge tun, zum Beispiel unbegründet Sachen, Menschen und andere Hunde anbellen oder sich in Gegenstände verbeißen. Ursachen können Langweile, Stress oder Ängstlichkeit sein. Die intensive Beschäftigung mit dem Tier, begleitet von einer medikamentösen Therapie, versprechen die besten Heilungserfolge.
Woran erkennt man verhaltensgestörte Katzen?
Ähnlich wie Hunde können auch Katzen Verhaltensstörungen entwickeln. Die Symptome sind jedoch meist nicht so eindeutig und auch die Ursachen sind andere. Untersuchungen haben ergeben, dass Verhaltensprobleme am häufigsten in Mehrkatzenhaushalten ohne Auslauf auftreten.
Katzen, die draußen leben, verbringen einen großen Teil des Tages alleine mit der Jagd. Sie unternehmen ausgiebige Streifzüge, um Beute auszumachen. Diese Form der Nahrungsbeschaffung erfordert höchste Konzentration, Reaktionsschnelle und den vollen körperlichen Einsatz. Im Gegensatz dazu brauchen sich Wohnungskatzen um nichts zu kümmern. Futter steht den ganzen Tag zur Verfügung und Langeweile kommt auf.
Leben Katzen in „Zwangsgemeinschaften“, fehlen darüber hinaus wichtige Rückzugsbereiche. Sie haben keine freie Wahl bezüglich wichtiger Dinge wie beispielsweise Futter-, Wasser- oder Ruheplätze. In vielen Fällen sind sie dazu gezwungen, ihren Lebensraum mit anderen Lebewesen, den Menschen mit eingeschlossen, zu teilen. Das ist für die Katze Stress pur.
Katzen teilen nicht gern
Ihren Lebensraum zu teilen, bedeutet für die Katze häufig das Ende uneingeschränkten Zugangs zu lebensnotwendigen Ressourcen. Ein Beispiel dafür: Mehrere Katzen teilen sich einen Futternapf oder teilen sich den Bereich, in dem ihre Futternäpfe stehen. Wenn eine Katze den Kontakt zu anderen Katzen vermeiden möchte, ist sie gezwungen, solange zu warten, bis alle anderen Katzen gefressen haben. Daraus kann sich ein verändertes Fressverhalten entwickeln. In einigen Fällen kann es sein, dass sich die Katze so unwohl fühlt, dass sie hungrig den Futterplatz wieder verlässt oder sich „überfrisst“, da sie vermeiden möchte, dass andere Katzen „ihr“ Futter fressen.
Eine ähnliche Situation kann sich rund um die Katzentoilette entwickeln. Während der Ausscheidung brauchen Katzen ihre Ruhe. Manche Katzen weigern sich, eine Toilette zu benutzen, die so steht, dass sie jederzeit von anderen dabei gestört werden kann. Auch möchten sie nicht von anderen Katzen überrascht werden und reagieren in der Folge mit verändertem Ausscheidungsverhalten. Sie besuchen die Katzentoilette so wenig wie möglich und verrichten ihr Geschäft so schnell wie möglich oder ganz woanders, was zu Unsauberkeit im Haus oder auch zu Erkrankungen der unteren Harnwege führen kann.
Eigenarten der Katze akzeptieren
Weitere auslösende Faktoren für Stress können sich bei einem Umzug ergeben, da die Katze sehr stark an ihr gewohntes Revier gebunden ist. In einer neuen Umgebung fehlen wichtige Reviermarken. Eventuell reagiert eine Katze dann mit verstärktem Markierungskratzen oder Urinabsatz auf den Fußboden.
Die wirksamste Art, um Katzen vor Verhaltensstörungen zu bewahren, ist es, ihnen ein artgerechtes Umfeld zu schaffen. Wenn sich das Verhalten dann nicht wieder normalisiert, sollte auf jeden Fall die Tierarztpraxis aufgesucht werden. Der Tierarzt kann bezüglich geeigneter Therapie beraten.
[Quelle: BfT]