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Obwohl es inzwischen viele Möglichkeiten gibt, an gute und richtige Informationen zum Thema Hund zu kommen, halten sich gerade in diesem Bereich Missverständnisse, die tierschutzrelevantem Umgang mit dem Hund Tür und Tor öffnen, erstaunlich hartnäckig. Vielleicht ist aber auch gerade die Fülle an Informationen verantwortlich dafür, dass niemand mehr so recht weiss, welche Informationen richtig und hilfreich sind und welches Training bzw. welcher Umgang mit dem Hund angemessen ist.
„Wenn ich ein Hund wäre …“ greift einige dieser Punkte auf, die mir besonders häufig in meinem Hundealltag – sei es als Trainerin oder auch als Hundehalterin – begegnen. Vielleicht finden sich Menschen darin wieder und betrachten so manche Aussagen über Training, Erziehung oder den grundsätzlichen Umgang mit Hunden aus einem anderen Blickwinkel.
„Alleinbleiben“
Wie wird ein Welpe auf das Alleinbleiben vorbereitet, bevor er in unsere Familie kommt?
Wie gewöhnt sich ein Junghund, ein erwachsener Hund oder ein älterer Hund an das Alleinbleiben?
Ob jung oder alt … das Alleinbleiben will gelernt sein, denn nichts außer einem vernünftigen Training bereitet einen Hund – egal welchen Alters – ansonsten darauf vor.
Menschen, die mit dem Gedanken spielen, sich einen Hund anzuschaffen oder dies vielleicht schon getan haben, sollten sich darüber bewusst sein, dass das Alleinbleiben einem Hund nicht in die Wiege gelegt wird. Dazu ist immer ein Training erfor- derlich, was unter Umständen auch aufwendig sein kann. Da jedes Individuum seine eigene Persönlichkeit hat, kann man auch nicht vorhersehen, wie viel Trainingsaufwand auf einen zukommt oder ob nicht selbst ein in der Hinsicht sehr gut trai- nierter Hund irgendwann im Laufe seiner Entwicklung noch einmal Probleme mit dem Alleinbleiben bekommen wird.
Nicht immer sind Hunde, die allein gelassen werden, so entspannt, wie es sich für uns Menschen äußerlich darstellt. Oftmals leidet ein Hund vom Menschen unbemerkt mehr als es ihm gut tut, weil seine Persönlichkeit damit einfach nicht umgehen kann oder das Alleinbleiben einfach nicht gut und ausreichend genug geübt wurde. Es ist wichtig, sich immer wieder mal zu vergewissern, wie sich unser Hund in unserer Abwesenheit fühlt.
Es mag sein, dass er augenscheinlich problemlos – damit meine ich, dass keine offensichtlichen Anzeichen von Trennungsstress erkennbar sind – mit unserer Abwesenheit klar kommt, aber dennoch „stumm“ leidet.
Der Trennungsstress eines Hundes sollte nicht erst dann ernst genommen werden, wenn der Mensch ein Problem damit bekommt, weil das Tier aus Frustration heraus destruktives Verhalten zeigt oder das Bellen des Hundes Probleme mit der Nachbarschaft nach sich zieht. Generell kann man sagen, dass Hunde nicht dazu geschaffen sind, regelmäßig über einen sehr langen Zeitraum am Tag allein gelassen zu werden. Sicher kommen einige Hunde gut damit klar, einige Zeit des Tages ohne ihre Bezugsperson(en) zu überbrücken, weil sie in dieser Zeit vielleicht ihre Ruhephase haben oder ihnen eine vernünftige Alternative geboten wird. Die Zeiträume sind dabei so individuell wie jeder Hund – allerdings kann und sollte der Alltag für einen Hund niemals so aussehen, dass er den größten Teil des Tages allein im Haus oder in der Wohnung verbringen muss. Wer also nicht gewährleisten kann, dass der Hund nur einen für ihn stressfrei und gut leistbaren Zeitraum allein bleiben muss, sollte lieber von der Anschaffung eines Hundes Abstand nehmen.
Wenn ich ein Hund wäre …
würde ich mir wünschen, dass sich meine Menschen schon vor meiner Anschaffung ausreichend Gedanken darüber machen, ob und wie lange ich mal alleinbleiben muss, dass ich überhaupt erst einmal eine gewisse Zeit benötige, das Alleinbleiben zu erlernen und dass es in meinem Hundeleben Ereignisse – wie zum Beispiel eine Krankheit, die mich empfindlicher macht oder ein Umzug der Familie in eine neue Umgebung – geben kann, die mich anfällig für Trennungsstress machen und dann ein erneutes Training erforderlich werden lassen.
„Signale“
Wir können unseren Hunden vieles beibringen und uns für jedes Verhalten, welches wir dann abfragen, ein beliebiges Signal ausdenken. Bis ein Hund allerdings gelernt hat, ein Signal in den unterschiedlichsten Lebenslagen und an unterschiedlichen Orten auszuführen, bedarf es in diesen speziellen Situationen einer Menge Training. Leider wird aber noch immer viel zu oft davon ausgegangen, dass ein einmal erlerntes Signal auch mal eben so in allen Lebenslagen abgefragt – „gefordert“ – werden kann.
Wenn der Hund im heimischen Garten weiß, was „Sitz“ bedeutet, dann soll er das natürlich auch auf dem Spaziergang, während ihm gerade sein liebster Hundekumpel über den Weg läuft, ausführen können. Letztlich ist uns Menschen so etwas ja auch nicht fremd: Ein Kind sitzt in seinem Zimmer und erledigt dort problemlos seine Hausaufgaben. Es ist keine wesentliche Ablenkung vorhanden und das Kind schafft es, sich auf seine Aufgabe zu konzentrieren. Dasselbe Kind soll nun dieselbe Leistung im Wohnzimmer der Familie in Anwesenheit seiner kleineren Geschwister bei laufendem Fernseher erbringen.
Wird sich das Kind hier genauso konzentriert seiner Aufgabe widmen können?
Hunde lernen kontextbezogen – das bedeutet, dass die gesamte Situation um den Hund herum wie beispielsweise anwesende Menschen, Tiere etc. „mit gelernt wird“. Ebenfalls werden die Emotionen, die der Hund in der Situation empfindet, mit gelernt. Das bedeutet, der Hund behält, ob er sich in der jeweiligen Situation gut oder schlecht gefühlt hat. Also muss beim Einüben von Signalen darauf geachtet werden, diese auf andere Orte und Situationen zu übertragen und dann durch viele Wiederholungen zu festigen.
Selbst wenn im Training vieles bedacht und richtig gemacht wird, schließt das nicht aus, dass der Hund trotzdem mal nicht oder nicht sofort auf ein Signal reagiert. Anstatt das Missachten eines Signals persönlich zu nehmen und den Hund dafür zu strafen, sollte der Mensch lieber genau hinschauen, aus welchem Grund der Hund beispielsweise ein „Sitz“ gerade nicht ausführen konnte. Dafür kann es viele Gründe geben, die „von zu wenig unter starker Ablenkung trainiert“ bis hin zu krankheitsbedingten Ursachen reichen können.
Wenn ich ein Hund wäre …
würde ich mir wünschen, Signale unter unterschiedlichsten Umständen und Ablenkungen lernen zu dürfen. Ich wünschte, dass mir trotz noch so gutem und erfolgreichem Training auch einfach mal ein schlechter Tag zugestanden würde. Denn auch ich kann mich mal nicht gut fühlen oder mal schlecht geschlafen haben, vielleicht habe ich sogar Schmerzen beim Ausführen eines Signals. Denn alles wäre nur hundlich …
„Zuckerbrot und Peitsche“
Unsere Hunde haben nahezu alles – ob sinnig oder unsinnig. Das Beste ist gerade gut genug für den geliebten Vierbeiner: das Designerbett mit extra Kuscheleinlage, Bekleidung für alle Lebenslagen und Spielzeuge, die so manches Kinderherz höher schlagen lassen würden.
Hunde werden geherzt und geliebt, aber … Aber was passiert, wenn Hund nicht auf Mensch hört? Schnell vergisst dann der Mensch, dass er doch seinen über Alles geliebten Vierbeiner vor sich hat. Dann wird leider viel zu häufig zu unfairen oder sogar tierschutzrelevanten Erziehungsmethoden gegriffen. Ich bin immer wieder erstaunt darüber, wie eng diese zwei Formen des Umgangs mit Hunden beieinander liegen. Wie zum Beispiel ein Mensch, der gerade vielleicht noch gemeinsam mit seinem Hund gemütlich auf dem Sofa lag, im nächsten Moment zum „Leinen- Impulsgeber“ (das ist die nette Variante für „Zerren an der Leine“) mutieren kann.
Wenn ich ein Hund wäre …
wäre ich mit so einem Verhalten seitens meines Menschen komplett überfordert. Ich verstünde die Welt nicht mehr und wäre sehr eingeschüchtert. Ich könnte nicht nachvollziehen, warum derart wechselhaft mit mir umgegangen wird. Ich wäre gestresst, würde mich ausgeliefert fühlen und verhielte mich so unauffällig wie möglich, um nicht erneut unberechenbare Reaktionen meines Menschen hervorzurufen. Ich könnte mich an so einem Menschen nicht orientieren oder gar eine Vertrauensbasis zu ihm aufbauen.
„Beschäftigung“
Wie viel und welche Art der Beschäftigung macht für meinen Hund Sinn? – das ist hier die Frage. Zwischen kleinen Runden zum Lösen um den Häuserblock und täglichem Beschäftigungsmarathon ist mir da schon alles begegnet. Wie viel Beschäftigung ein Hund tatsächlich benötigt und welcher Art diese Beschäftigung sein sollte, sagt mir nur der Hund. Bei Hunden, die einer bestimmten Rasse angehören, lässt sich grob eine Aussage darüber treffen, was sich an Beschäftigung eignen könnte. Jedoch gibt es innerhalb der Rassen auch große Unterschiede, bei denen man beispielsweise zwischen Arbeits- und Showlinien unterscheidet (das bedeutet, dass es Tiere gibt, die durch züchterische Selektion eine stärkere oder eben auch nicht so starke Arbeitsveranlagung mitbringen).
Letztlich kann man die Frage nach der Beschäftigung eines Hundes in einem Satz kurz und bündig zusammenfassen: Sie muss zum Hund passen!
Natürlich muss hier jedes Mensch-Hund-Team durch Ausprobieren erst einmal seinen Weg finden. Nichts anderes würde man auch mit seinem Kind tun. Man schaut, welche Veranlagungen beim Kind natürlich vorhanden sind. Man beobachtet sein Kind und sieht, womit es am liebsten spielt oder was ihm in seiner Freizeit zum Beispiel beim Sport die meiste Freude bereitet. Wenn dann noch ein gutes Händchen bei der Auswahl des Vereins oder Trainers hinzukommt (im Falle unserer Hunde die Auswahl der Hundeschule bzw. des Trainers), dann steht einer Freizeitaktivität bei der das Kind Freude empfindet und daraus seine Motivation schöpfen kann, nichts mehr im Wege. Genau so sorgfältig sollte die Wahl der Beschäftigung für unsere Hunde ausfallen.
Wenn ich ein Hund wäre …
dann würde ich mich über Frauchen und Herrchen freuen, die sich eingehend genug mit mir beschäftigen, um überhaupt erst einmal herauszufinden, was ich gut kann und wo meine „Interessen“ liegen.
Bin ich vielleicht ein Hund, dem es irre Spaß macht, mit meinem Menschen Tricks zu erarbeiten? Oder ist eine Beschäftigung, bei der ich meine gut funktionierende Nase zum Einsatz bringen kann, vielleicht genau das Richtige für mich? Macht mir Hundesport in einer Gruppe Freude oder ist für mich ein Einzeltraining – in der Lernphase vielleicht mit einem guten Trainer – einfach besser geeignet, weil ich mich in einer Gruppe nicht so wohl fühle?
„Hundebegegnungen“
Sollen denn Hunde nun Kontakt untereinander haben dürfen oder nicht?
Soll jeder Mensch jeden Hund mit jedem Hund spielen lassen? Zu jeder Zeit und an jedem Ort?
Auch hier gibt es die unterschiedlichsten Einstellungen. Ich selber lebe mit meinem Hund im Ballungsgebiet. Die Auslaufmöglichkeiten sind hier beschränkt. Fest steht: Es gibt viele Menschen mit unterschiedlichen Einstellungen und viele Hunde mit unterschiedlichsten Charakteren auf wenig Raum. Ob es einem gefällt oder nicht, mit der Situation muss man sich arrangieren. Meiner Meinung nach sollte aber nicht nur jeder das Beste für sich daraus machen, sondern sich auch im Hinblick auf Mitmenschen und „Mithunde“ rücksichtsvoll verhalten. Das Maß an Rücksicht definiert indes jeder Mensch ein wenig anders.
Hierzu folgendes Beispiel: Im Wald trifft ein Rudel Menschen mit ihren dazugehörigen, nicht angeleinten, Hunden auf einen einzelnen Menschen mit seinem angeleinten Hund. Das Rudel Menschen plaudert ausgelassen, während sich deren Hunde im Wald vergnügen. Der entgegenkommende Mensch mit dem angeleinten Hund wird maximal wahrgenommen – irgendwie so nebenbei. Was wäre hier denn jetzt zu tun? Die Situation einfach laufen lassen und alles regelt sich schon auf irgendeine Art und Weise von allein? Oder wie wäre es, wenn die Gruppe bewusst wahrnähme – weil sie aufmerksam spazieren geht – dass sich ihr ein angeleinter Hund nähert. Wie wäre es, wenn jeder seinen Hund zu sich riefe – oder dies zumindest bestmöglich versuchen würde – und dann eine Kommunikation zwischen den Menschen den weiteren Verlauf der Situation regeln würde?
Sicherlich ist es schön, einfach so durch Wald und Flur zu spazieren, den Kopf frei von allen Gedanken – auch von den Gedanken an das, was der eigene Hund vielleicht gerade tut. Es sollte selbstverständlich sein, dass angeleinte Hunde unbehelligt ihres Weges ziehen können. Vielleicht ist der Hund krank oder mag einfach nicht so gern Nähe zu anderen Hunden, vielleicht ist er gerade im Training und der Besitzer möchte die Übung zu Ende bringen, bevor er seinem Hund wieder Kontakt zu anderen Hunden erlauben möchte.
Die Gründe für oder gegen Kontakt der Hunde untereinander sind mannigfaltig. Natürlich ist es auch sehr unschön, wenn mir entgegenkommende Menschen meinen, besser beurteilen zu können, welchen Kontakt ich meinem Hund gestatten soll oder nicht und sich dann daraus auf dem Waldweg überflüssige Diskussionen ergeben. Jeder Hundehalter sollte einfach seinen Hund gut einschätzen lernen, dann weiß auch jeder Hundehalter, wie und in welchem Maße Begegnungen seinem Hund gut tun oder nicht.
Jeder Mensch sollte respektieren, wenn andere gerade einfach keinen Kontakt stattfinden lassen wollen – auch ohne Angabe von Gründen. Es sollte auch selbstverständlich sein, dass es nicht persönlich genommen wird, wenn jemand seinen Hund aus einer Situation nimmt, weil er erkennt, dass es sich hier gerade nicht mehr um ein Spiel handelt, sondern ein Hund gerade von anderen Hunden gemobbt wird. Wenn es in diesem Bereich eine vernünftige Aufklärung gäbe, dann gehörten Sprüche wie „lassen Sie nur – das regeln die unter sich“ vielleicht auch endlich der Vergangenheit an.
Wenn ich ein Hund wäre …
dann wäre ich glücklich mit Menschen unterwegs im Freien zu sein, die meine Körpersprache gut lesen können. Die zum Beispiel erkennen, dass mir eine Situation nicht behagt. Die dazu in der Lage sind, zu sehen, wann mein Stresslevel zu hoch ist und es Sinn macht, mir mal eine Pause zu gönnen.
Ich würde ja nicht erwarten, dass der Mensch immer alles wahrnimmt und in jeder Situation den vollen Durchblick hat, aber einen Menschen an meiner Seite zu wissen, der bei Hundebegegnungen nicht komplett den Kopf in den Waldboden steckt … das wäre schon toll!
Zur Person
Ich übe diesen Beruf aus, weil es Freude macht zu sehen, wie sich die Lebensqualität von Menschen und Hunden durch positives Training verbessert.
Weiterbildungen:
Tierpsychologin ATN (Akademie für Tiernaturheilkunde) seit 2007
Ergänzung der theoretischen Ausbildung durch Praktika
regelmäßige Fort- und Weiterbildungen seit 2007
Homepage: Tierpsychologische Beratung
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