Vermehrt Wildunfälle im Herbst

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Stuttgart, im Oktober 2023 – Hunderttausende Tiere wie Rehe, Wildschweine, Rothirsche, Füchse, Igel und Hasen sterben jedes Jahr bei Wildunfällen auf Deutschlands Straßen – im Herbst steigen die Zahlen. Landwirtschaftlich genutzte Felder werden immer häufiger und schneller abgemäht, die Wildtiere stehen plötzlich ohne Schutz und Nahrung da und müssen nach einem neuen Lebensraum für die kalte Jahreszeit suchen – dafür nehmen sie Wege in Kauf, die über Straßen führen. Auch die im Herbst vermehrt stattfindenden Treib- und Drückjagden führen vielerorts zu Wildunfällen, wenn verängstigte oder angeschossene Tiere in Panik flüchten. Und nicht nur für Wildtiere können Unfälle tödlich enden, laut dem Statistischen Bundesamt kamen 2022 rund 2600 Menschen bei Wildunfällen zu Schaden [1]. Der Gesamtverband der Versicherer vermeldete für 2022 insgesamt 265.000 Wildunfälle, das sind rund 725 pro Tag [2]. Peter Höffken, Fachreferent bei PETA, hat einige Tipps zusammengestellt, wie Menschen Wildunfällen vorbeugen und im Ernstfall reagieren können.

„Der Herbst ist für Wildtiere wie Rehe und Wildschweine eine besonders gefährliche Jahreszeit – in Gebieten mit viel landwirtschaftlicher Nutzfläche verlieren sie durch die Mahd ihren bisherigen Lebensraum, außerdem endet für viele Tierarten die Schonzeit und sie werden bei Drück- und Treibjagden durch Wald und Flur gehetzt“, so Peter Höffken. „Bei Autofahrten ist deshalb besondere Vorsicht geboten. Wer einige Tipps beachtet, kann Unfällen vorbeugen und im Ernstfall schnell reagieren.“

PETA gibt Tipps:

  • Die meisten Wildunfälle ereignen sich in den Abend- oder frühen Morgenstunden in Waldabschnitten und an Feldrändern. Dort muss besonders aufgepasst werden.
  • Insbesondere im Herbst (und Frühjahr – auch dann steigt die Zahl der Wildunfälle wieder) sollten Menschen achtsam fahren und sich bewusst sein, dass jederzeit ein Wildtier auf die Fahrbahn laufen kann. Ab 100 km/h ist ein Zusammenstoß unausweichlich, bereits ab 80 km/h ist der Bremsweg gefährlich lang.
  • Wildtiere sind selten alleine unterwegs. Autofahrende müssen sich darauf einstellen, dass jederzeit weitere Tiere auf die Fahrbahn laufen können.
  • Wer ein Wildtier am Straßenrand entdeckt, sollte die Geschwindigkeit drosseln oder, wenn es der Verkehr zulässt, abbremsen, das Fernlicht ausschalten, um das Tier nicht zu blenden und gegebenenfalls hupen, damit das Tier den Fahrbahnbereich verlässt.
  • Unfälle mit kleinen Tieren wie Fröschen, Eichhörnchen, Igeln oder mit Vögeln von geringerer Größe müssen nicht gemeldet werden. Verletzte Tiere sollten in eine tierärztliche Praxis gefahren werden. Dafür ist es ratsam, immer einen Karton, Handschuhe und eine Decke im Auto zu haben. Bei Rehen, Wildschweinen, Füchsen und Tieren ähnlicher Größe gilt hingegen die Meldepflicht – Autofahrende müssen die Polizei verständigen. Die Behörde stellt dann eine sogenannte Wildunfallbescheinigung aus.
  • Sollte es zu einem Wildunfall gekommen sein, ist es wichtig, Ruhe zu bewahren und die Unfallstelle abzusichern: Das Fahrzeug möglichst am Fahrbahnrand abstellen, die Warnblinkanlage einschalten und eine Warnweste anziehen – auch wenn das Wildtier geflüchtet ist.
  • Wurde ein großes Wildtier verletzt, etwa ein Reh oder Wildschwein, sollte es nicht angefasst werden, da die Tiere sehr wehrhaft sein können. Auch bei verletzten Füchsen und Dachsen ist Vorsicht geboten. Hier ebenfalls Ruhe bewahren, Panik hilft den Tieren nicht.
  • War ein Zusammenstoß tödlich, muss das Tier (wegen eventueller Parasiten oder Krankheiten) mit geschützten Händen an den Straßenrand gezogen werden, damit weitere Unfälle verhindert werden.
  • Achtung: Tote Wildtiere dürfen nicht vom Unfallort entfernt werden, sonst droht eine Strafe wegen Wilderei.


Jedes Jahr sterben Millionen Wildtiere bei Wildunfällen auf deutschen Straßen, besonders häufig sind Kleintiere wie Igel, Marder, Kaninchen, Vögel oder Kröten betroffen. Allein bei Igeln wird die Anzahl der überfahrenen Tiere pro Jahr auf 500.000 bis eine Million geschätzt. Unter den größeren Tierarten fielen dem Verkehr im vergangenen Jahr am häufigsten Rehe mit rund 209.000 Tieren zum Opfer, gefolgt von Wildschweinen mit knapp 24.000 Tieren. [3]

Inmitten von Kulturlandschaften, Straßen und eng bebauten Siedlungsbereichen wird der Lebensraum für Wildtiere immer knapper. Dort, wo einst Rast- und Nahrungsgebiete waren, gibt es heute kaum noch Platz. Insbesondere die auf Profitmaximierung ausgerichtete industrielle Land- und Forstwirtschaft sorgt für einen Lebensraumschwund der Wildtiere. Tierarten, die versuchen, in Koexistenz mit dem Menschen zu überleben, werden vertrieben, gejagt oder zu sogenannten Schädlingen degradiert. 2017 hat das Bundesamt für Naturschutz (BfN) in Berlin das „Bundeskonzept Grüne Infrastruktur“ vorgestellt, das mehr Biotop-Verbünde und Schutzgebietsnetze zum Ziel hat. [4] Die Umsetzung verläuft jedoch schleppend. Wildtiere brauchen dringend mehr unberührten Lebensraum – in Form von jagdfreien Naturschutzgebieten und Nationalparks – und Querungshilfen (Grünbrücken), damit ihre Habitate besser vernetzt sind.

Quellenangabe
Beitrag: PETA Deutschland e.V.