So lernen Vierbeiner Gelassenheit
Entspannte Übungen bereiten auf die Untersuchungssituation vor
Stuttgart, im März 2022 – Sterile Umgebung, unbekannte Gerüche: Viele Hunde reagieren mit Angst und Stress, wenn ein Besuch in der tierärztlichen Praxis ansteht. Doch nicht nur das Setting kann die Vierbeiner verunsichern, auch Untersuchungsmethoden wie in Mund oder Ohren schauen, Abtasten oder Krallen schneiden sind für viele Tiere ungewohnt und oftmals unangenehm. Um den Tierarztbesuch für Hund und Mensch wohltuender zu gestalten und bestenfalls als normale Routine zu etablieren, sollten die verschiedenen Situationen mit den Tieren geübt werden. Jana Hoger, Fachreferentin für tierische Mitbewohner bei PETA, hat einige Tipps für das gemeinsame Tierarzt-Training zusammengestellt.
„Angst vor dem Tierarztbesuch muss nicht sein“, so Jana Hoger. „Wenn die medizinische Untersuchung mit Spaß und Geduld in stressfreier Umgebung trainiert wird, gewinnen Hunde Vertrauen und lernen die ungewöhnliche Situation als normal kennen. Das stärkt nicht nur das Selbstwertgefühl der Tiere, sondern auch die Bindung zwischen Mensch und Hund.“
PETA gibt Tipps für das Tierarzt-Training zuhause:
- Vorab: Mit dem Training darf erst begonnen werden, wenn eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Hund und Halter besteht. Bevor andere Menschen die Tiere anfassen, sollten die Hunde bestenfalls an Berührungen des eigenen menschlichen Begleiters gewohnt sein und sich mit ihnen wohl fühlen.
- Ziel des Trainings ist, dass Hunde Berührungen an kritischen Körperstellen wie Nase, Ohren, Mund und Füßen auch von unbekannten Personen akzeptieren und beispielsweise das Hochheben auf den Untersuchungstisch nicht als ungewohnt und unangenehm empfinden. Die Übungen sollen die regelmäßigen Kontrolluntersuchungen beim Tierarzt stressfrei gestalten, aber auch im Ernstfall hilfreich sein.
- Frühzeitiges Üben: Menschen, die einen Vierbeiner bei sich aufnehmen, sollten frühestmöglich mit dem Training beginnen, indem sie die tierärztliche Praxis des Vertrauens mit dem Tier zunächst ohne Behandlung besuchen. Mensch und Hund können sich kurz ins Wartezimmer setzen, beispielsweise an der Rezeption ein Leckerli abholen und wieder nachhause fahren. So sind die ersten Besuche direkt mit einem positiven Erlebnis verknüpft. Dieser erste Schritt kann und sollte mehrmals wiederholt werden.
- Körperteile, die ins Training mit einbezogen werden sollten: die Ohren (hineinschauen, dabei Ohren vorsichtig bewegen und massieren), der Mund (Mundwinkel heben und den Mund vorsichtig öffnen), die Augen (Augenlider vorsichtig anheben), die Pfoten (Pfote geben üben – auch die hinteren Füße vom Boden hochnehmen können, Ballen und Beine abtasten, Zehen berühren), der After (Schwanz heben), der Bauch (von Rippen zum Unterbauch ohne Druck abtasten) und der Rücken (Wirbelsäule vorsichtig entlang abtasten). Alle Übungen sollten entspannt, ohne Druck und mit positiver Bestärkung durchgeführt werden. Lieber eine Pause zu viel einplanen bzw. das Training auf den nächsten Tag verschieben, falls die Tiere die Berührungen nicht als angenehm empfinden oder Stresssignale zeigen.
- Länge des Trainings: Eine Trainingseinheit sollte nicht länger als wenige Minuten dauern. Pro Tag sollten maximal ein bis zwei Trainingseinheiten durchgeführt werden. Zum Beispiel am Morgen die Augen und am Abend die Pfoten.
- Auf einen Tisch oder ein Podest setzen bzw. hochheben lassen: Nicht jeder Hund mag es, getragen zu werden. Das entspannte Üben zuhause kann helfen, Ängste abzubauen. Dafür sollten die Tiere vorsichtig hochgehoben und auf verschiedene Ebenen wie Treppenstufen oder Tische etc. gesetzt werden. Mithilfe positiver Bestärkung und Leckerlis gewöhnen sich die meisten Hunde schnell an das Prozedere und die unterschiedlichen Höhen. Vorsicht: Die Vierbeiner sollten immer gesichert sein und niemals selbstständig von Erhöhungen herunterspringen.
- Die Seitenlage: Manchmal ist es nötig, dass sich Hunde bei der Untersuchung auf die Seite legen. Am einfachsten funktioniert die Seitenlage im Training anschließend an das „Platz“-Kommando. Hierbei können die Tiere mit einem Leckerli in kleinen Schritten dazu animiert werden, sich selbstständig auf die Seite zu drehen. Vor allem bei dieser Übung muss sich viel Zeit genommen und darauf geachtet werden, dass die Vierbeiner die Übung als angenehm empfinden. Zeigen Tiere Angst oder Stress, sollte das Training unterbrochen und am Folgetag fortgesetzt werden.
- Für alle Fälle – das Maulkorb-Training: In manchen Fällen ist es notwendig, dass Hunde beim Tierarztbesuch einen Maulkorb tragen. Auch das Anlegen des Bissschutzes lässt sich spielerisch trainieren. Ein erstes „Einsteigen“ in den Maulkorb funktioniert am besten mit Hilfe von hineingeschobenen Leckerlis, die die Vierbeiner dann spielerisch herausholen können. Dabei wird der Maulkorb nicht geschlossen. Sobald keine Nahrung mehr im Bissschutz ist, wird dieser weggenommen, so dass sich die Hunde eine Wiederholung wünschen. Klappt die Übung gut, schieben die Tiere ihre Nase also freiwillig hinein, wird der Vorgang nach einigen Trainingseinheiten mit geschlossenem Maulkorb versucht. Hier gilt: Solange der Maulkorb getragen wird, muss auch Nahrung nachgelegt werden. Kommen keine Leckerlis mehr, wird auch der Maulkorb heruntergenommen. Dieser Trick ist meist schnell gelernt, muss aber so lange wiederholt werden, bis die Tiere nicht mehr versuchen, den Schutz beim Anlegen und kurzen Tragen abzustreifen. Auch hier muss ausreichend Zeit eingeplant werden.
PETA wünscht allen Menschen und Tieren frohes Trainieren und entspannte Tierarztbesuche!
Quellenangabe:
Beitrag: PETA Deutschland e.V.