Engagement für den Tierschutz bewertet

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PETA kürt die besten und schlechtesten Veterinärämter Deutschlands 2021

Stuttgart, 8. Februar 2022  Top oder Flop? PETA hat die besten und schlechtesten deutschen Veterinärbehörden 2021 gekürt. Veterinärämter sind für die Überwachung und den Vollzug des Tierschutzgesetzes in Deutschland zuständig.

„Seit 2012 küren wir jährlich die aus Tierschutzsicht positiv oder negativ aufgefallenen Veterinärämter. Im Ranking wird stets die gesamte Behörde genannt, auch wenn oftmals einzelne Amtstierärzte positiv oder negativ hervorstachen“, so Dr. Edmund Haferbeck, Senior-Mitarbeiter im Bereich Special Projects bei PETA. „Wir stehen täglich in Kontakt mit Veterinärbehörden, um Tierschutzmissstände und Tiermissbrauch zu melden und zu verfolgen. Bei dem Ranking haben wir Ämter berücksichtigt, die besonders positiv oder negativ aufgefallen waren, nachdem wir sie über einen Missstand informiert hatten. Auffällig ist erneut, dass es hinsichtlich des Engagements große Unterschiede zwischen den Behörden gibt.“
 

Im Folgenden sind die jeweils fünf besten und die fünf tierfeindlichsten Veterinärbehörden 2021 aufgeführt.

TOP

1. Kreisveterinäramt Sömmerda

Im März 2021 wurde PETA gemeldet, dass etwa ein Dutzend große Berner Sennenhunde unter mangelhaften Bedingungen in einem Haus im Landkreis Sömmerda gehalten würden. Aufnahmen bestätigten die prekären Zustände. Einige Hunde hatten ein verfilztes Fell und litten teils unter Ohrenentzündungen und anderen Erkrankungen. Im Verlauf stellte sich heraus, dass bereits einige Behördenmeldungen vorlagen. Nachdem sich die Tierrechtsorganisation Ende März an das örtliche Veterinäramt wandte, wurden die Hunde nach kurzer Zeit von der Behörde gerettet und versorgt. Das schnelle und beherzte Eingreifen beschert dem Amt einen Platz unter den Top fünf der besten Veterinärämter 2021.

2. Veterinäramt Stadt Karlsruhe

Anfang September 2021 wurde PETA ein Video aus einem Mastbetrieb in Karlsruhe zugespielt, in dem ein verletztes Schwein zu sehen ist, das verzweifelt versucht, sich vor Bissen seiner Artgenossen zu schützen. Das Schwein konnte zum Zeitpunkt der Aufnahmen sein Hinterteil nicht mehr bewegen und wies offene Wunden an verschiedenen Stellen des Körpers auf. Das Videomaterial wurde umgehend an das zuständige Veterinäramt weitergeleitet. Aufgrund der offenbar länger anhaltenden Leiden und Schmerzen, die das Tier ertragen musste, erstattete PETA Strafanzeige gegen die Verantwortlichen des Hofladens. Der Betrieb wurde noch am Tag der Meldung durch das Karlsruher Veterinäramt kontrolliert. Das verletzte Schwein war am Abend zuvor von Verantwortlichen des Betriebs „notgetötet“ worden, weswegen die Behörde eine Untersuchung des Leichnams veranlasste. Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe sah zunächst keine Notwendigkeit, dem Fall nachzugehen, und stellte das Verfahren ein. Erst nach einer Beschwerde von PETA wurden die Ermittlungen wieder aufgenommen. Das Veterinäramt Karlsruhe lieferte hierfür ein sehr überzeugendes amtstierärztliches Gutachten bei den Ermittlungsbehörden ab, das hoffentlich zu einer Anklage führen wird.

3. Veterinäramt Kreis Heinsberg

Nachdem PETA Whistleblower-Videos zugespielt wurden, erstattete die Organisation im Oktober 2020 wegen Tierquälerei Strafanzeige gegen den Landwirt Wilfried L. und Helfer.
Das Video wurde auf einem Milchbetrieb in Heinsberg aufgenommen. Es zeigt, wie eine offenbar laufunfähige Kuh mit einem Traktor-Frontlader transportiert werden soll. Die Kuh wurde über längere Zeit mit dem Frontlader traktiert und mehrfach heftig von einer Person getreten. Das Veterinäramt des Kreises Heinsberg bestätigte aufgrund der Rohheit, mit der die Kuh behandelt wurde, einen erheblichen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz.

4. Veterinäramt Stadt Erfurt

PETA konnte im Juni 2021 gemeinsam mit einem Fernsehteam von RTL Explosiv, der örtlichen Polizeibehörde und dem Veterinäramt einen illegalen Handel mit streng geschützten Lisztaffen in Erfurt aufdecken. Eine verdeckte Ermittlerin der Tierrechtsorganisation hatte die Händlerin bereits seit einigen Monaten beobachtet. Diese bot über verschiedene Internetportale Weißbüschelaffen an. Im Juni 2021 machte die Händlerin der Ermittlerin dann ein Angebot, ihr einen Weißbüschelaffen zu verkaufen. Während der zweiwöchigen Verkaufsgespräche bot jene dann plötzlich drei streng geschützte Lisztaffen für 5.500 Euro an. In einer speziellen Verkaufswohnung fand die PETA-Mitarbeiterin am Tag des geplanten Kaufs die kleinen, verängstigten Lisztaffen in einer Katzentransportbox vor. Alle Beweise und Dokumente wurden überprüft, und kurz darauf trafen Kriminalpolizei, Naturschutzbehörde und das Veterinäramt ein. Die Tiere wurden sichergestellt.

5. Veterinäramt Stadt Brandenburg

Am 28. März 2021 erreichte PETA eine Whistleblower-Meldung, wonach in Brandenburg an der Havel eine Kuh seit über einem Tag regungslos auf der Weide eines Milchbetriebs lag und offenbar nicht ausreichend versorgt wurde. Die Tierrechtsorganisation kontaktierte das zuständige Veterinäramt der Stadt Brandenburg. Daraufhin wies die Behörde den Landwirt im Rahmen einer Kontrolle an, sofort einen Tierarzt hinzuzuziehen – was bis zu diesem Zeitpunkt nicht geschehen war.
Den der Organisation vorliegenden Informationen zufolge ging das Veterinäramt darüber hinaus mit weiteren ordnungsrechtlichen Mitteln gegen den Verantwortlichen vor.

FLOP

1. Bergisches Veterinäramt in Solingen

Im Juni 2021 veröffentlichte PETA Videoaufnahmen einer Kirmesveranstaltung in Haan aus dem Jahr 2019. Auf ihnen ist zu sehen, wie Menschen beim sogenannten Hahneköppen mit verbundenen Augen versuchen, einem toten Hahn mit einem Schwert den Kopf abzuschlagen. Der Hahn wurde mit der primären Absicht getötet, seinen Körper für eine vermeintlich unterhaltsame Kirmesveranstaltung zu nutzen. Der laut Tierschutzgesetz erforderliche „vernünftige Grund“ zum Töten eines Tieres war damit nicht gegeben – und das „Hahneköppen“ nach Einschätzung der Tierrechtsorganisation somit rechtswidrig. In dem Zuge hat PETA weitere Veterinärbehörden in Nordrhein-Westfalen aufgefordert, vergleichbare „Hahneköppen“-Veranstaltungen zu untersagen. Unter anderem im Mai 2021 auch das Veterinäramt in Solingen, wo einige Vereine noch an der Nutzung echter Tierkörper festhalten. Die Behörde antwortete jedoch, dass sie die Tiertötungen im Einklang mit den rechtlichen Vorgaben sieht, da der Tierkörper „nach der Veranstaltung einem Zweck, der dem ‚vernünftigen Grund‘ genügt, zugeleitet“ würde.

2. Kreisveterinäramt Südwestpfalz

Im September 2021 wandte sich ein Whistleblower mit Videomaterial aus Pirmasens an PETA. Die Aufnahmen zeigen, wie ein Kind einen Welpen misshandelt und offenbar versucht, ihn als „Kampfhund“ „scharfzumachen“. Das Kind tritt minutenlang in Richtung des Welpen und trifft ihn dabei wiederholt am Kopf. Nach Erhalt der Aufnahmen schaltete PETA das Kreisveterinäramt Südwestpfalz ein und forderte, den Hund sofort zu beschlagnahmen. Das Veterinäramt kontrollierte den Angaben zufolge zwar zeitnah die Situation des Hundes vor Ort. Mit der Begründung, dass keine äußerlichen Anzeichen von Misshandlung oder Verhaltensauffälligkeiten festzustellen seien, kam die Behörde aber zu dem Ergebnis, dass das Tier weiterhin in der Familie leben könne. Trotz wiederholter Appelle wurde der Hund nicht gerettet und ist somit potenziell noch immer Misshandlungen ausgesetzt.

3. Kreisveterinäramt Wesel

Mitte Dezember wurden PETA von Whistleblowern zahlreiche Videos aus dem Haus eines Hundezüchters aus Mülheim an der Ruhr zugespielt. Auf den Aufnahmen der versteckten Kamera ist unter anderem zu sehen, wie der Mann die Tiere in seiner Obhut wiederholt tritt, schlägt und anschreit. Eines der Videos zeigt, wie der Täter einem Hund ins Gesicht tritt und einen weiteren an Halsband und Leine herumschleudert. Den Aussagen der Whistleblower zufolge hielt der Züchter die Hunde die meiste Zeit in Verschlägen in seinem Keller. Um die Vierbeiner aus der tierschutzwidrigen Haltung zu retten, hatte PETA umgehend das örtliche Veterinäramt informiert und wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Duisburg erstattet. Außerdem forderte die Organisation ein sofortiges Tierhalte- und Betreuungsverbot für den Mann. Nachdem der Hundehalter umgezogen war, beschlagnahmte das neu zuständige Kreisveterinäramt Wesel die Hunde zwar kurzzeitig, gab sie aber nach Prüfung des Sachverhalts an den Täter zurück – mit der Begründung, dass aktuell kein Handlungsbedarf bestünde.

4. Kreisveterinäramt Neustadt an der Aisch-Bad Windsheim

Im Februar 2021 erhielt PETA eine Whistleblower-Meldung, wonach zwei Hunde auf einem privaten Innenhof in Bad Windsheim seit mindestens 2019 an einem Drahtseil angebunden seien. Das Drahtseilgeflecht verdrehte sich den Angaben zufolge zeitweise ineinander, wodurch die Hunde noch weniger Bewegungsspielraum hatten und auch die Gefahr bestand, dass sie sich daran verletzten. Übersandte Fotos bestätigten die tierschutzwidrige Situation. Da die Anbindehaltung von Hunden laut Tierschutz-Hundeverordnung grundsätzlich verboten ist, bat die Tierrechtsorganisation das Kreisveterinäramt, den Ort des Geschehens zu kontrollieren und dem ein Ende zu setzen. Die Behörde verteidigte jedoch die Haltung der Tiere, die bei dem Amt offenbar auch seit längerer Zeit bekannt war. Erst nachdem sich die Tierrechtsorganisation mit einem eindringlichen Schreiben an die Veterinärabteilung der übergeordneten Behörde wandte, teilte die Regierung Mittelfranken Ende Februar mit, dass die Hunde nun nicht länger angebunden seien.

5. Kreisveterinäramt Emsland

Trotz verschiedener TV-Reportagen und offizieller Berichte über die systembedingten Missstände bei Langstrecken-Tiertransporten fertigte das Veterinäramt des Landkreises Emsland zwischen 2018 und 2021 den Transport von insgesamt 26.276 Rindern in Nicht-EU-Staaten ab. Kaum ein anderer Landkreis in Deutschland genehmigte derart viele tierschutzwidrige Transporte. Im Mai sorgte ein Fall für besondere Aufmerksamkeit: 528 schwangere Kühe sollten über mehrere Tage nach Marokko transportiert werden, erst per Lkw, dann per Schiff. Erst auf Weisung des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums untersagte der Landkreis den zuvor bereits genehmigten Transport. Nachdem das Verwaltungsgericht Oldenburg das Verbot kippte, legte das Veterinäramt ? wiederum erst auf Weisung des Ministeriums ? eine PETAs Auffassung nach halbherzige Beschwerde ein. Diese wurde abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg begründete dies unter anderem damit, dass das Veterinäramt seinen eigenen Ausführungen bei der ursprünglichen Genehmigung „nicht substanziiert entgegengetreten“ sei. PETA hatte das Veterinäramt bereits 2019 aufgefordert, die Abfertigung der Transporte zu beenden, weil regelmäßig absehbar ist, dass die gesetzlichen Bestimmungen der EU-Tierschutztransportverordnung nicht eingehalten werden.

Zeugen von Tierquälerei sollten sich an die zuständige Veterinärbehörde ihrer Stadt oder ihres Landkreises wenden und Beobachtungen detailliert und sachlich zusammenfassen. Besonders hilfreich ist Bild- und Videomaterial. Empfehlung von PETA: Nach der Meldung beim Veterinäramt unbedingt so lange nachhaken, bis der Missstand beseitigt ist. Das kann ermüdend sein, ist aber oft die einzige Chance für das jeweilige Tier. Eine Übersicht mit ausführlichen Tipps, wie Zeugen gegen Tierquälerei vorgehen können, gibt es unter PETA.de/Whistleblower.

PETAs Motto lautet: Tiere sind nicht dazu da, dass wir an ihnen experimentieren, sie essen, sie anziehen, sie uns unterhalten oder wir sie in irgendeiner anderen Form ausbeuten. Die Organisation setzt sich gegen Speziesismus ein – eine Weltanschauung, die den Menschen als allen anderen Lebewesen überlegen einstuft.

Weitere Informationen:

PETA.de/Veterinärämter-2021

PETA.de/Veterinärämter-2020

PETA.de/Whistleblower

Quellenangabe
Beitrag: PETA Deutschland e.V.