Teil I
Was soll dein Hund fressen, wenn die „Kläranlage“ streikt?
Eine angepasste Fütterung ist der absolute Schlüsselfaktor in der Behandlung einer chronischen Nierenerkrankung. Mit einer speziell für deinen Hund zusammengestellten Diät verringert sich erwiesenermaßen das Risiko einer schweren Krise und das Fortschreiten der Krankheit kann sogar aufgehalten werden.
Doch was genau soll jetzt in den Napf?
Das erfährst du im 2. Teil Die Fütterung von nierenkranken Hunden: An welchen Schrauben können wir drehen?, der am 22.04.2019 erscheint. Damit du aber gut nachvollziehen kannst, warum – und vor allem auch wie – die Fütterung deines nierenkranken Hundes umgestellt werden muss, lade ich dich zu einem kleinen Abstecher in das Innere der Nieren ein. Und erkläre dir, woran du merken kannst, dass dein Hund erkrankt ist.
Die „Kläranlage Nieren“
Die Nieren bestehen aus verschiedenen Schichten. Die äußere Schicht bildet eine Kapsel aus Bindegewebe, die den Druck in den Nieren aufrechterhält. Weiter nach innen kommt die Nierenrinde mit den Nierenkörperchen. Diese solltest du dir merken: Welche wichtige Rolle sie spielen, werden wir später noch besprechen. Noch weiter nach innen befinden sich das Nierenmark und das Nierenbecken. Dort wird der Harn aufgefangen, bevor er über die Harnleiter in die Harnblase weitergeführt wird.
Der Dreck muss weg
Nun stelle dir die Nieren als eine Art Kläranlage vor: Sie filtert das Blut und befreit den Organismus von Stoffwechselprodukten, die er entweder nicht mehr braucht, oder ihm sogar schaden. Die Filtration des Blutes findet in den Nierenkörperchen statt, weshalb sie ja so wichtig sind. Erst wird aus dem Blut Primärharn durchgesiebt, das nur aus Wasser und sehr kleinen Molekülen besteht.
Wie viel Primärharn in einem bestimmten Zeitraum heraus filtriert wird, drückt also aus, wie gut (oder eben nicht mehr so gut) die Nieren funktionieren.
Anschließend werden aus dem Primärharn 99% des Wassers und ein Großteil der enthaltenen Stoffe in das Blut zurückgeführt. Das ist natürlich wichtig, weil sich darunter Substanzen befinden, die der Organismus braucht: Natrium, Kalium, Kalzium, Phosphat und Magnesium, Glukose, Aminosäuren, Vitamine… Nur die schädlichen Abfallstoffe (z. B. Harnstoff) werden dann endgültig ausgeschieden.
Hormone gut im Griff?
Über bestimmte Hormone erfahren die Nieren, wie es um den Wasserhaushalt im Organismus steht. Sie können diesen regulieren: Je nachdem, ob Wasser zurückgehalten werden soll oder nicht, ist der Harn dann mehr oder weniger konzentriert. So werden sowohl Wasserdefizit als auch Überwässerung vermieden.
Die Nieren bestimmen ebenfalls, welche Elektrolyte (Kalium, Magnesium, Protein, Natrium, Chlorid, Bikarbonat…) zurückgehalten und welche ausgeschieden werden sollen mit dem Ziel, deren Konzentration im Organismus möglichst gleich zu halten. Sie sichern auch das lebenswichtige Gleichgewicht im Säure-Base-Haushalt.
Darüber hinaus bilden die Niere selbst wichtige Hormone, wie das für die Bildung von roten Blutkörperchen verantwortliche Erythropoetin. Ist die Funktion der Nieren gestört, werden zu wenig rote Blutkörperchen produziert, was zur „renalen Anämie“ führt.
Ein weiteres Hormon, das Renin, ist für die Regulation des Elektrolythaushalts aber auch des Blutdrucks von großer Bedeutung.
Vitamin D ist kein wirkliches Vitamin, sondern ein Botenstoff, der von der Leber aus einer Vitamin-D-Vorstufe umgewandelt wird. Anschließend gelangt er in den Nieren, wo es eine weitere Umwandlung erfährt und die Aufnahme bzw. Ausscheidung von Kalzium beeinflusst. Können die Nieren diese Funktion nicht mehr übernehmen, werden die Knochen demineralisiert.
Was genau passiert, wenn die Nieren nicht mehr richtig funktionieren
- Die Nierenkörperchen sind geschädigt, so dass nicht mehr genug Wasser und Stoffwechselprodukte aus dem Blut heraus filtriert werden können.
- Das filtrierte Wasser und die Substanzen, die für den Organismus wichtig sind, können nicht mehr richtig in das Blut zurückgeführt werden.
- Wenn nicht mehr genug Primärharn heraus filtriert werden kann, verbleiben zu viele schädliche Substanzen im Organismus. Beim Fortschreiten der Erkrankung entsteht durch diese Substanzen eine regelrechte Vergiftung (Urämie) sowie ein Ungleichgewicht im Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalt.
- Die eingeschränkte Nierenfunktion beeinflusst ebenfalls die Ausschüttung renaler Hormone sowie die Vitamin-D-Synthese.
Eine chronische Nierenerkrankung wirkt sich leider auf die Funktionen anderer Organe aus. Im Gegensatz zu einer akuten Niereninsuffizienz ist das chronische Versagen unumkehrbar. Es ist nicht möglich, die verlorene Nierenfunktion zurück zu gewinnen.
Woran du es merken kannst
Die chronische Nierenerkrankung wird in den meisten Fällen erst dann diagnostiziert, wenn die Funktion der Nieren schon eingeschränkt ist. Das liegt daran, dass die Nieren ihre eigene Insuffizienz über einen längeren Zeitraum sehr gut kompensieren können.
Hier sind die ersten Symptome, auf die du als Hundehalter achten solltest:
- Eine vermehrte Harnausscheidung und der damit verbunden gesteigerter Durst. Viele Halter werden erst darauf aufmerksam, wenn ihr Hund nicht mehr stubenrein ist.
- Durch die erhöhte Wasserausscheidung wird die Haut trocken und schuppig, der Speichel zäher.
- Dann folgen ein verminderter Appetit, Übelkeit bzw. eine komplette Verweigerung des Futters. Insbesondere ältere Hunde wirken dann schnell müde und abgeschlagen.
Nicht jeder Verlauf ist gleich
- Später, wenn giftige Substanzen in den Magen-Darm-Trakt gelangen, kommen Erbrechen und Durchfall hinzu.
- Irgendwann riecht dein Hund stark nach Ammoniak, weil diese giftigen Substanzen bereits in den Schleimhäuten eingedrungen sind.
- Dadurch entstehen Reizungen der Mund- und Magenschleimhaut.
- In der schweren Phase verstärkt sich die Anämie (blasse Schleimhäute, Apathie), es kann zu Krämpfen und Juckreiz kommen.
- Anders als bei Beginn der Erkrankung ist der Harnabsatz jetzt stark reduziert
- Manchmal führt die Erkrankung im späten Stadium auch zu Orientierungslosigkeit, Erregtheit, lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen oder auch Koma.
Glücklicherweise zeigt nicht jeder nierenkranker Hund all diese Symptome. Auch können diese kurzzeitig schwerer und dann wieder milder werden. Jeder Verlauf ist individuell, und das sollten auch die Behandlung und die Fütterung sein.
Mein Rat?
Nimm die allerersten Symptome wirklich ernst. Schiebe den großen Durst nicht auf die wärmere Jahreszeit. Überlege, ob dein Hund im letzten Sommer auch schon viel getrunken hatte. Er ist nicht mehr ganz stubenrein? Es muss nicht unbedingt am Alter liegen. Lasse bei den ersten Anzeichen deinen Hund gründlich untersuchen. Es gibt zuverlässige Blut- und Urinparameter, die eine schnelle Diagnose ermöglichen.
Abwarten zahlt sich bei einer Nierenerkrankung nicht aus. Im Gegenteil. Aber wenn du dich sehr früh über die verschiedenen Therapien und die Nierendiät beraten lässt, gibst du deinem Hund die allerbesten Chancen auf ein unbeschwertes, langes Leben.
Du möchtest mehr über die richtige Fütterung für deinen nierenkranken Hund lernen?
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♥Alles Gute für euch beiden.
Deine Anne
Teil 2: Die Fütterung nierenkranker Hunde: An welchen „Schrauben“ lässt sich drehen?
erscheint am 22/04/2019.
Anne Sasson
Tierheilpraktikerin und Ernährungsberaterin
Ich lebe mit meinen drei Windhunden auf einem schönen Hof in der Niederlausitz. Ich behandle Tiere in meiner Praxis und berate zu vielen gesundheitlichen Themen auch aus der Ferne.
Die Arbeit mit nierenkranken Hunden ist mir ganz besonders wichtig: Ihre Halter fühlen sich sehr oft allein gelassen und verzweifeln. Ich helfe den Hunden und ihren Menschen von Herzen gern, damit die einen wieder fit und fröhlich und die anderen endlich zuversichtlich durchs Leben gehen können.