CSI Kipfenberg: Der Fall Ruk

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Am 01.05.16 stand für uns die Welt still: Wir mussten unsere geliebte Milli-Mi über die Regenbogenbrücke gehen lassen. Unfassbar traurig, diese Entschei- dung treffen zu müssen, war uns nach ein paar Tagen jedoch klar: Es fehlt uns etwas in der Familie. Es fehlt uns ein Hund, der sein Leben mit uns teilt. 

Daher haben wir uns aufgemacht, einer neuen Fellnase ein Zuhause zu geben. Fest stand, es muss ein Hund aus dem Tierschutz sein. Unsere Milli-Mi hatten wir auch aus dem Tierschutz übernommen und wir wollten so einer Notnase nun wieder helfen. Wir wussten genau, was wir wollten:  Eine mittelgroße, ca. 25kg schwere, helle, erwachsene Hündin sein, also eigentlich eine Milli-Mi 2.0. Im Tier- schutz haben Welpen und Junghun- de meist bessere Vermittlungschancen als bereits erwachsene Tiere, die ein breites Verhaltensspektrum im Gepäck mit sich tragen. 

Soweit der Plan…. 

Gesagt, gesucht und rasch sind wir fündig geworden: Im Tierheim saß ein kleiner, schwarzer, 8 Monate junger Rüde. Ruk. Es war tatsächlich Liebe auf den ersten Blick und so haben wir alle Hebel in Bewegung gesetzt, dass wir Ruk adoptieren durften. Die Schwierigkeiten, die sich dabei einstellten, haben uns fast den Mut verlieren lassen. Aber wir waren hartnäckig und so konnte nach gut drei Wochen täglichem „Ins Tierheim zum Gassi gehen fahren“ und mehr als erfolgreich bestandener  Vorkontrolle unser Ruk bei uns einziehen. 

Auf unsere Frage, was denn so alles in ihm „drinsteckt“ wurde uns gesagt: Ruk kam aus Ungarn ins Tierheim. Er sei ein ungarischer Bracken-Mix und dementsprechend freundlich und menschenbezogen. Freilauf dürfe Ruk jedoch aufgrund seiner jagdlichen Abstammung nie genießen. Und er würde auch nicht mehr viel größer und schwerer werden. Zusätzlich zur Bracke tippten man noch auf Dackel und Terrier. Das alles machte vom „optischen“ her auch Sinn. Aber auch hier kann ich nur sagen: 

Soweit die Theorie…. 

Ruk hat uns mit seinem Äußeren auf die falsche Fährte geführt. In dem kleinen Burschen steckt nicht das, was sein Erscheinen vermuten läßt.

Nachdem sich Ruk sehr schnell bei uns eingelebt hat, zeigten sich spezielle Verhaltensweisen, die wir uns so gar nicht erklären konnten. Er hat zunächst alles mit dem Zähnen „geregelt“, immer in die Hacken gebissen, war überaus wachsam und mehr als misstrauisch jedem Fremden, insbesondere Männern, gegenüber.  Seine Zähne setzte er bereits kurze Zeit später uns gegenüber nicht mehr ein. Wir können tatsächlich alles mit ihm machen: Von Ohren reinigen über Leckeren abnehmen, in den Fang schauen, oder Krallen schneiden. Alles überhaupt kein Problem. 

Was blieb ist das „Festhalten bzw. Lenken wollen“ das tatsächlich nun nur noch im Spiel und ganz sanft mit den Zähnen passiert. Was blieb ist auch das extreme Misstrauen Fremden gegenüber, gepaart mit ausgesprochener Wachsamkeit. Es gelingt niemanden unbemerkt auf unser Grundstück, geschweige denn ins Haus zu kommen. Was uns noch auffiel: Ruk lernt sehr schnell, kann sogar kombinieren. Probleme gibt es für ihn nicht – er löst sie tatsächlich durch nachdenken. Weiterhin ist er ein echter Clown, der zu jeder Tages- und Nachtzeit für jeden Blödsinn zu haben ist. Wenn er sich freut und das tut er oft und gerne bei jeder Gelegenheit, dann freut sich der ganze Hund von der Nasen- bis zur Schwanzspitze. 

Die prophezeite Jagdleidenschaft tendiert zum Glück gegen Null – Ruk läuft frei und lässt sich prima abrufen. Hasen und Rehe sind ihm relativ egal, hingegen sind wir, „seine“ Zweibeiner für ihn offensichtlich der Nabel der Welt. Da dies so alles gar nicht zur Rassebeschreibung der ungarischen Bracke passte und wir uns geschworen haben, beim nächsten Hund einen DNA Test zu machen (den wir bei unserer Milli- Mi immer „aufgeschoben“ hatten…) haben wir kurzerhand ein Testset bei CaniVaris angefordert. 

CSI meets Kipfenberg …. 

Wir wollten nun wissen wieviel Prozent von den uns aufgrund des Phänotyp „klar erkennbaren“ Rassen in Ruk vereint sind. Um es kurz zu machen: Gar keine. 

Ruk hat nichts von einer Bracke, einem Dackel oder einem Terrier. Dafür hat er die Clowns unter den Hunden, den Bischon Frisee und den Boxer in sich vereint. Wer schon mal gesehen hat, wie sich ein Boxer freut, der weiß, was ich meine. Weiterhin hat Ruk auch den Lieblingshund der britischen Königin in sich: den Corrgie. Diesen mutigen und sehr intelligenten Hütehund finden wir so oft in seinem Verhalten wieder. Last not least können wir uns nun auch seinen ausgeprägten Wach- und Schutzinstinkt erklären: Nicht nur das Blut und somit die rassetypischen Verhaltenseisen vom Boxer, strömen in Ruks Adern. Auch Schnauzer und Ridgeback haben ihren „genetischen Fingerabdruck“ in unserem Bub verewigt. 

Der DNA Test brachte es ans Licht: Ruk hat keine jagdlichen Vorfahren. Zum Vergrößern anklicken.

Wenn man sich die jeweiligen Rassebeschreibungen der „Einzelkomponenten“ von unserem Ruk durchliest, so kann man bei allen sagen: Ja, das stimmt. Diese rassetypischen Verhaltensweisen treffen zu. 

Uns hat der Test sehr geholfen 

Wir wissen nun, wie wir am besten an dem von uns unerwünschten, jedoch rassebeding typischen Verhalten mittels positiver Verstärkung trainieren können. Vor allem aber können wir sein Verhalten in gewissen Situationen auch verstehen und „vorhersagen“.
Das macht das Zusammenleben – denn wir leben nicht allein in dieser Welt – für uns und Ruk viel einfacher. Was aber auch stimmt ist der Spruch: „Man sieht nur mit dem Herzen gut – das Wesentliche ist für das Auge verborgen.“, von Antoine de Saint-Exupéry. Die „Optik“ von Ruk hat uns schlicht auf eine falsche Fährte geführt. Unsere Augen haben uns getäuscht. Das „Wesentliche“ in Sachen rassetypisches Verhalten hat uns der DNA Test verraten…

Das Ruk unser ganzes Herz gehört, dafür brauchen wir natürlich keinen Test 😉❤